Schilddrüse: Gut mit Jod versorgen

„Ich habe Bluthochdruck und soll salzarm essen. Salz ist aber oft mit Jod angereichert und daher wichtig für die Schilddrüse. Wie vermeide ich eine Unterversorgung?“, fragt Michael B. (52)

Schmittdiel

Hausarzt Dr. Lothar Schmittdiel, München-Johanneskirchen
Ist der Kropf heute noch ein Thema? Ja, sagt Dr. Schmittdiel. Auch wenn ein sehr dicker Hals heute selten ist, entdeckt der Allgemeinarzt beim Abtasten immer wieder vergrößerte Schilddrüsen – auch bei Kindern. Die Aufklärung über Jod findet er wichtig, denn das Spurenelement beeinflusst zum Beispiel schon die körperliche und geistige Entwicklung vor der Geburt.

Es antwortet Dr. Lothar Schmittdiel, Hausarzt aus München:

Salzarme Ernährung und ausreichende Jodversorgung widersprechen sich nicht. Sie sollten einfach in Zukunft darauf achten, dass es sich bei dem Salz, das Sie zu sich nehmen, konsequent um jodiertes Salz handelt. Würzen Sie zu Hause ausschließlich mit Jodsalz, und kaufen Sie, wann immer es geht, Lebensmittel, die damit hergestellt wurden – auch Brot oder Wurst. Essen Sie außerdem ein- bis zweimal pro Woche Seefisch: Seelachs, Kabeljau, Hering und Makrele zum Beispiel enthalten besonders viel Jod. Auch Milch und Milchprodukte tragen zur ausreichenden Versorgung bei. So kommen mit salzarmer Ernährung ungefähr jene 1400 Mikrogramm Jod zusammen, die für einen Erwachsenen Ihrer Altersgruppe wöchentlich empfohlen werden.

Den dicken Hals gibt es noch

Prinzipiell ist Ihre Frage natürlich berechtigt. Deutschland und ganz besonders die gebirgigen Regionen Süddeutschlands galten sehr lange als Jodmangelgebiet. Das Spurenelement ist fast ganz aus den Böden gewaschen. Entsprechend jodarm sind heimisches Wasser, Obst, Gemüse und Fleisch. Die gezielte Jodanreicherung in vielen Lebensmitteln hat die Situation verbessert. Heute leiden deutlich weniger Deutsche an der typischen Folge einer Unterversorgung, dem Kropf. Trotzdem ist die Situation noch nicht optimal. So hatten vor zehn Jahren neun Prozent der 11- bis 17-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern einen Kropf, wie eine Langzeitbeobachtung von Schülern ergab. Bei der älteren Generation wirkt der frühere Mangel noch nach. Experten gehen davon aus, dass die Schilddrüse bei jedem zweiten über 65-Jährigen vergrößert ist.

Auf Knoten achten

Der Körper braucht Jod, um Schilddrüsenhormone zu bilden. Liefert die Nahrung nicht genug, versucht der Organismus das wenige effektiver zu nutzen – durch mehr und größere Schilddrüsenzellen. Solange das schmetterlingsförmige Organ nicht allzu groß ist und die Hormonproduktion normal bleibt, bemerken die Betroffenen nichts. Kritisch ist eine Veränderung der Schilddrüse, weil mit der Zeit das Risiko steigt, dass sich darin „heiße“ oder „kalte“ Knoten bilden. In heißen Knoten sind die Zellen überaktiv, das kann ab einer gewissen Größe zu einer Überfunktion führen. Die Zellen in kalten Knoten verlieren ihre ursprüngliche Funktion. Etwa vier Prozent der Knoten werden bösartig. Daher müssen sie überwacht und falls nötig behandelt oder entfernt werden. Eine stark vergrößerte Schilddrüse kann auch Schluck- oder Atembeschwerden auslösen oder Blutgefäße einengen.

Arzt kann Veränderung ertasten

Einige Patienten merken selbst recht früh, dass sich ihre Schilddrüse verändert: Der Hals wird dicker, und der Kragen passt nicht mehr. Verlässlicher ist die regelmäßige Kontrolle beim Hausarzt, der zum Beispiel bei einer Routine-Untersuchung die Schilddrüse abtastet. Stellt er eine Vergrößerung fest, folgen zunächst eine Ultraschalluntersuchung und ein Bluttest auf das „TSH-Hormon“. Bei Auffälligkeiten können weitere Untersuchungen erforderlich werden. Mit Jod, falls nötig in Kombination mit Schilddrüsenhormonen, lässt sich eine Vergrößerung gut behandeln. Auch der Hals wird nach einiger Zeit wieder dünner.

Quelle: Wort&Bild Verlag; HausArzt-PatientenMagazin
Foto: W&B/Bettina Theisinger