Erste Hilfe: Was Sie im Notfall beherrschen sollten

„Mein Erste-Hilfe-Kurs liegt so lange zurück, dass ich gar nicht mehr weiß, welche Maßnahmen man im Notfall ergreift. Soll ich dennoch helfen?“, fragt Sabine P. (56)

Rohr

Allgemeinmediziner Dr. Friedel Rohr, Framersheim
Der niedergelassene Hausarzt leistet jedes zweite Wochenende 24 Stunden Notarztdienst. Zudem ist er leitender Notarzt des Kreises Alzey-Worms. „Bei sogenannten Großschadensereignissen wie einem Busunfall oder einem Brand in einem Mehrfamilienhaus koordiniere ich den Einsatz der Notärzte“, erklärt der Notfallmediziner.

Es antwortet: Dr. Friedel Rohr, Hausarzt aus Framersheim

Wie Ihnen geht es vielen Menschen: Weil sie unsicher sind, was zu tun ist, zögern sie, in Notfällen einzugreifen und medizinische Hilfe zu leisten. Dieses Zaudern erstaunt nicht besonders, denn wie Sie haben die meisten ihr Erste-Hilfe-Wissen mit dem Führerschein erworben, und das liegt oft sehr lange zurück. In einer Hinsicht aber kann ich Sie beruhigen: Selbst wenn Sie sich schlecht erinnern und aus diesem Grund eine Maßnahme nicht völlig korrekt ausführen, schaden Sie dem Verletzten oder Erkrankten nicht. Dagegen hat es für diesen Menschen mit Sicherheit ungünstige Folgen, wenn Sie keinerlei Hilfe leisten.

Beispiel Herz-Kreislauf-Stillstand: Ohne Herzmassage steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene stirbt, mit jeder Minute um zehn Prozent! Da in Deutschland professionelle Helfer im Durchschnitt nach zehn Minuten eintreffen, hat der Kranke kaum Überlebenschancen – sofern in der Zwischenzeit nicht ein Umstehender mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnt. Ihre Bedenken, so nachvollziehbar sie auch sind, können also mitunter sogar tödliche Folgen haben.

Das Wissen auffrischen

Grundsätzlich ist laut Gesetz jeder zur Hilfe verpflichtet. Dass ein Arzt anders eingreifen kann als ein medizinischer Laie, ist klar – doch helfen muss jeder. Übrigens: Leistet jemand Erste Hilfe, ist er versichert – gegen eigene Schäden und solche, die er eventuell verursacht.

Sie können Ihre Bedenken auch als Chance begreifen: Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz bieten Erste-Hilfe-Kurse zum Auffrischen des Wissens an. Nach einem solchen Kurs wären Sie Ihre Bedenken sicherlich los. Fragen Sie doch einmal bei einer örtlichen Organisation nach. Als kleine Erinnerungshilfe finden Sie hier eine Übersicht über die wichtigsten Notfallmaßnahmen.

Mehr zu den verschiedenen Erste-Hilfe-Maßnahmen erfahren Sie hier:

Grundsätzliches:

Notruf: Diese Informationen bereithalten:

Feuerwehr-Notruf/ Rettungsleitstelle: 112
Polizei-Notruf: 110

Bewusstlosigkeit

Bei bewusstlosen Menschen funktionieren die Schutzreflexe nicht. Die Muskulatur ist erschlafft. Es besteht daher die Gefahr, dass die Zunge zurückfällt und die Atemwege verlegt. Auch Erbrochenes oder Blut kann die Atmung behindern und zum Ersticken führen.

Das ist zu tun:

Bewusstlose, die atmen, werden in die stabile Seitenlage gebracht.
Das geht folgendermaßen:

Herz-Lungen-Wiederbelebung

Stellen Sie Zeichen eines Herzstillstands (Bewusstlosigkeit UND fehlende Atmung) fest, muss die Person sofort wiederbelebt werden. Denn schon nach wenigen Minuten sterben erste Gehirnzellen ab, wenn sie nicht ausreichend Sauerstoff erhalten. Die Erfolgschancen einer „Reanimation“ sind umso größer, je früher die Herzdruckmassage einsetzt.

Das sollten Sie tun:

Die Beatmung:

Herzinfarkt und Schlaganfall

Herzinfarkt („Time is muscle“): Männer haben häufig starke Schmerzen hinter dem Brustbein, die in den linken Arm oder die Schulter ausstrahlen. Bei Frauen fehlen diese Beschwerden oft. Fast allen Betroffenen tritt kalter Schweiß auf die Stirn, ihnen ist übel, und sie haben Todesangst.
Schlaganfall („Time is brain“):
Die Betroffenen weisen halbseitige Lähmungen, Seh-, Sprach- oder Schluckstörungen auf. Die Beschwerden können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Etwas seltener treten starke Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit auf.

Das ist in beiden Situationen zu tun:
Der Patient muss so schnell wie möglich medizinisch versorgt werden:

Blutungen

Das ist zu tun:

Knochenbruch

Den gebrochenen Körperteil so wenig wie möglich bewegen und in der vorgefundenen Lage ruhig stellen.

Das sollten Sie tun:

Am Bein: Mit Kissen, Kleidungsstücken oder gerollten Decken das Bein einkeilen.
An Schulter, Arm oder Hand: Den betroffenen Arm mit dem gesunden Arm eng am Körper halten, um Bewegungen der Verletzung zu vermeiden.
An der Wirbelsäule: Befindet sich der Patient an einer ungefährlichen Stelle, sollte er nicht unnötig bewegt werden.
Geschlossene Brüche: Mit Eisbeutel oder Kältepackungen kühlen (nicht direkt auf die Haut legen!), um eine Schwellung zu vermeiden.
Offene Brüche: Ist die Haut im Bereich des Bruchs verletzt, sprechen Ärzte von einem offenen Bruch. Die Infektionsgefahr ist groß. Die Wunde mit keimfreier Wundauflage bedecken.

Achtung: Bei Knochenbrüchen besteht Schockgefahr! Um eine Unterkühlung zu vermeiden, immer eine Rettungsdecke (Gold-Silber-Folie) unterlegen. Dabei sollte die goldfarbene Seite nach außen zeigen.

Verbrennungen

Das ist zu tun:

Vorsicht: Bei Verbrennung großer Körperbereiche oder des Gesichts besteht Schockgefahr!

Schockgefahr

Ein Kreislaufschock ist eine lebensbedrohliche Situation, die unter anderem bei starken Blutverlusten, Verbrennungen, Knochenbrüchen oder allergischen Reaktionen auftritt. Typische Symptome sind Blässe, kalte Haut, kalter Schweiß, Frieren, schneller Puls, Unruhe.

Das ist zu tun:

Achtung: Atmet der Bewusstlose nicht, muss er wiederbelebt werden (siehe oben).

Vergiftungen

Giftnotruf 0 30/1 92 40 (Tag und Nacht)

Bei Erstickungsgefahr

Sportverletzungen

Typische Symptome sind Schmerzen, Funktionseinschränkung und Schwellung des Gewebes. Es gilt die PECH-Regel: Pause, Eis, Compression (Kompression) und Hochlagerung.
Das ist zu tun:

Quelle: Wort&Bild Verlag; HausArzt-PatientenMagazin
Foto:W&B/Markus Kirchgessner