Venenleiden: Gesunde Beine
„Seit einigen Wochen schwellen meine Beine abends oft an. Sind das Venenprobleme? Was kann ich dagegen tun?“, fragt Iris D. (39)
Hausarzt und Venenarzt Dr. Hans-Joachim Mörsdorf, Pretzfeld
Krampfadern oder geschwollene Beine – viele Patienten halten das zu lange für ein kosmetisches Problem, weiß der Hausarzt und Phlebologe (Facharzt für Venenleiden). Sein Rat: „Kommen zu Krampfadern Schwellungen hinzu und verändert sich die Haut am Bein, müssen Betroffene unbedingt zum Arzt, denn es drohen Komplikationen.“
Es antwortet Dr. Hans-Joachim Mörsdorf, Hausarzt aus Pretzfeld:
Auch wenn der Gedanke an ein Venenleiden naheliegt: Ohne Untersuchung lässt sich leider nicht sagen, ob Ihre Probleme daher rühren. Geschwollene Beine sind ein verbreitetes Symptom, hinter dem harmlose Ursachen, aber auch schwere Krankheiten stecken können. Treten solche Beschwerden eine Woche lang täglich auf, ist das ein Grund, zum Hausarzt zu gehen – selbst dann, wenn die Beine morgens immer wieder normal aussehen.
Herzprobleme oder Lymphödeme
Vor allem bei älteren Patienten gehen Wassereinlagerungen in den Beinen oft auf eine Herzschwäche zurück. Die Schwellungen könnten aber auch auf Rheuma hindeuten, ein Schilddrüsenleiden, die Folgen einer Mangelernährung und vieles mehr. Oder sie kommen von Hormonschwankungen im Verlauf des weiblichen Zyklus. Mit einfachen Untersuchungen und gezielten Fragen grenzt der Hausarzt die Ursache ein. Es gilt, ein Lymphödem – eine vermehrte Ansammlung von Gewebsflüssigkeit – zu erkennen und ebenso ein Lipödem. Das ist eine krankhafte Fetteinlagerung an bestimmten Stellen. Beide Erkrankungen ähneln auf den ersten Blick den Schwellungen aufgrund einer Venenschwäche. Sie müssen aber anders behandelt werden. Außerdem schließt der Hausarzt Notfälle wie eine Venenthrombose aus.
Eine Verschlechterung verhindern
Sollte sich der Verdacht erhärten, dass es sich in Ihrem Fall um ein Venenleiden handelt, überweist er Sie zum Facharzt, dem Phlebologen. Auch dieser wird zunächst die Vorgeschichte Ihrer Beschwerden erfragen und dann Ihre Beine genau ansehen und abtasten. Bei einer Venenerkrankung richtet sich die Behandlung nach deren Schweregrad. Der Phlebologe ermittelt ihn mit weiteren Untersuchungen. Für die Therapie ist es zunächst am wichtigsten, die Schwellung einzudämmen. Das bringt Ihnen nicht nur Ihre schönen Beine zurück. Es bewahrt Sie vor weiterem Ausleiern der Venenklappen und kann Ihnen Krampfadern und schwere Folgeerkrankungen ersparen. Bleiben Venenleiden unbehandelt, verharrt das Blut zunehmend länger in den Beinen. Dann heilen Wunden schlechter, und die Haut nimmt Schaden. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem offenen Bein.
Einfache Gegenmaßnahmen
Als Venenpatient können Sie selbst viel tun, um Komplikationen vorzubeugen. Je früher Sie beginnen, desto besser. Allem voran: Kräftigen Sie Ihre Muskeln. Entlasten Sie Ihre Beine außerdem, sooft es geht. Nachts etwa sollten sie zehn Zentimeter höher liegen als der restliche Körper: einfach ein Kissen unterlegen. Enge Hosen hemmen den Blutfluss in der Leiste. Sie sollten sie nicht zu oft tragen. Das gilt auch für hohe Schuhe. Sie verändern den Gang, und die Muskeln können die Venen dann nicht mehr optimal unterstützen.
Kalte Güsse stärken Venen
Güsse mit eiskaltem Wasser lindern Beschwerden durch schwere Beine effektiv. Regelmäßig angewendet, stärken sie die Venen nachhaltig. Durch den Kältereiz ziehen sich die Gefäßwände zusammen. Das wirkt Krampfadern entgegen. Ein kalter Guss am Morgen genügt: Den Wasserstrahl an jedem Bein einmal vom Fuß hoch bis zur Leiste und wieder nach unten führen. Wenn Sie keinen Schlauch haben: Der normale Duschkopf tut es auch. Als zusätzliche Unterstützung am Abend eignet sich eine Massage: Legen Sie die Beine hoch, umfassen Sie die Knöchel, und streichen Sie das Gewebe mit sanftem Druck aus: in einem ersten Schritt bis zum Knie, dann neu zufassen und weiter bis zur Leiste. Zehnmal je Bein. Damit drücken Sie das Blut zum besseren Abtransport in die tiefer liegenden Venen.
Kompression stoppt Erschlaffen
Kompressionsstrümpfe üben ständig Druck auf die Venen aus. Dies stoppt das Fortschreiten des Gefäßleidens – vorausgesetzt, Patienten tragen sie regelmäßig. Die Strümpfe verordnet der Arzt. Im Sanitätshaus werden sie angepasst. Gehen Sie morgens zum Anmessen, wenn die Beine noch nicht angeschwollen sind. Die Strümpfe sind heute aus Mikrofasern. Sie lassen sich leichter anziehen, halten lange, und auch Schwitzen ist kein großes Problem mehr. Wenn der Gedanke an lange Strümpfe Sie abschreckt: Kompressionsstrümpfe bis zum Knie sind besser als keine Behandlung.
Muskeln stützen Gefäße
Die tiefen Beinvenen sind von Muskeln umgeben. Sind diese stark, drücken sie auf die Gefäße und helfen so bei jedem Schritt, das Blut nach oben zu pumpen. Muskeln, die gebraucht werden, verkümmern nicht. Daher: Jeden Tag spazieren gehen und Treppen steigen, und schon haben Sie eine wichtige Venengymnastik absolviert. Wer viel steht, sollte dabei öfter einmal für ein paar Minuten von einem Bein auf das andere treten.
Übungen für Vielsitzer
Vielsitzern helfen folgende Übungen: Aufrecht auf die Stuhlkante setzen. Füße parallel am Boden. Dann die Zehen zehnmal hochziehen und wieder senken. Beim letzten Mal die Zehen mindestens zehn Sekunden nach oben gezogen halten. Die Spannung spüren, dann langsam lockerlassen. Bein wechseln. Auch diese Übung ist nützlich: Aufstehen, Schuhe ausziehen. Gerade hinstellen und mindestens zehnmal in den Zehen- und dann in den Fersenstand wippen. Po dabei anspannen. Bei Problemen mit dem Gleichgewicht: Stuhl als Hilfe nehmen.
Quelle: Wort&Bild Verlag; HausArzt-PatientenMagazin
Foto: W&B/Angie Wolf