Haut: Hilfe bei Juckreiz
„Seit einiger Zeit quält mich ein äußerst unangenehmer Juckreiz. Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll. Können Sie mir helfen?“, fragt Sybille U. (55)
Hausärztin Kathrin Mathis, Beilngries
Die Fachärztin für Allgemeinmedizin ist seit vier Jahren im bayerischen Beilngries niedergelassen. Zusammen mit ihrem Mann Dr. Michael Mathis, einem Hautarzt, führt sie eine Gemeinschaftspraxis. Diese Konstellation zahlt sich für die Patienten aus – insbesondere beim Thema Juckreiz. „Denn manchmal steckt dahinter ein ernstes Hautproblem“, sagt die Hausärztin.
Es antwortet Kathrin Mathis, Hausärztin aus Beilngries:
Ständiges Jucken ist nicht nur unangenehm, es kann auch zermürben. Der wichtigste Rat ist daher: Nehmen Sie Ihren Juckreiz ernst. Er gilt als chronisch, wenn er mehr als sechs Wochen andauert. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden – nicht nur, weil das ständige Jucken psychisch belastet, sondern auch, weil eine ernste Krankheit dahinterstecken kann. Wenn es juckt, melden dies spezielle Nerven an das Gehirn. Aktiviert werden ihre Fühler durch bestimmte Botenstoffe, die von Abwehrzellen freigesetzt werden: Schon juckt es, und der Mensch will sich kratzen. Das ist nachvollziehbar, aber die denkbar schlechteste Reaktion.
Besser kneifen als kratzen
Kratzen verschafft zwar kurzfristig Linderung, weil Schmerzen den Juckreiz überlagern, doch die entspannenden Sekunden werden meist mit Schäden an der Haut bezahlt. Entzünden sie sich, kann sich der Juckreiz verstärken – ein Teufelskreis entsteht. Besser als Kratzen ist, die Haut sanft zu kneten oder zu kneifen. Das lindert den Juckreiz, verursacht aber keine Wunden. Finden sich keine offensichtlichen Auslöser für das Jucken, wie Insektenstiche oder ein neues Duschgel, ist eine ausführliche Ursachensuche ratsam. Grundsätzlich gilt: Lässt sich der Juckreiz orten, handelt es sich meist um ein Hautproblem oder eine Hautkrankheit. Wenn es zwischen den Zehen juckt, denken Ärzte beispielsweise an eine Pilzinfektion, bei den Streckseiten der Arme an eine Schuppenflechte. Ist dagegen der ganze Körper betroffen, steckt eher eine allgemeine Krankheit dahinter. Wichtige Hinweise bei der Suche nach den Ursachen geben Hautveränderungen wie Blasen, Pusteln oder Quaddeln.
Ursache oft nicht offensichtlich
Ein Arzt-Patienten-Gespräch ergänzt die Ursachensuche. Es dreht sich auch um Medikamente, denn Juckreiz ist eine häufige Nebenwirkung. Ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt sollten Sie aber auf keinen Fall ein Mittel absetzen oder niedriger dosieren. Zur richtigen Diagnose sind oft weitere Hinweise nötig – auch wenn bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte (Psoriasis) meist ein Blick auf die typischen Veränderungen reicht. Allergien dagegen lassen sich mit Hauttests feststellen. Manchmal hilft auch eine Blutuntersuchung weiter, wenn ein Eisenmangel, Schilddrüsen-, Leber- oder Nierenprobleme oder ein unentdeckter Diabetes die Ursache ist. Bei Frauen nach den Wechseljahren wird der Spiegel der weiblichen Geschlechtshormone bestimmt, da sein Absinken Juckreiz im Genitalbereich hervorrufen kann. An neurologische Ursachen denkt der Arzt ebenfalls: Juckreiz tritt auch als Folge eines Schlaganfalls oder einer Nervenschädigung aufgrund einer Zuckerkrankheit auf. In seltenen Fällen steckt eine bösartige Erkrankung wie ein Tumor oder Blutkrebs dahinter.
Problematisches Juckreizgedächtnis
Das breite Spektrum an Auslösern erfordert eine exakte Suche. Findet sich die Ursache und lässt sich das Problem behandeln, bessert sich meist auch der Juckreiz. Gelegentlich reicht die örtliche Anwendung von Cremes, Sprays oder Lotionen mit Wirkstoffen wie Kortison oder lokal wirkenden Betäubungsmitteln aus. Manchmal helfen auch Hautpflegeprodukte. Bei bestimmten Krankheiten wie Neurodermitis oder Ekzemen hat sich für Patienten ab zwölf Jahren die UV-Bestrahlung (Lichttherapie) bewährt. Bisweilen ist zudem die Einnahme von Medikamenten nötig, um den Juckreiz zu bekämpfen. Oder um den Körper zu überlisten, wenn sich das Problem verselbstständigt und sich ein „Juckreiz-Gedächtnis“ entwickelt hat: Die Betroffenen juckt es auch dann noch, wenn alle Ursachen beseitigt wurden. In diesen Fällen können spezielle, hochwirksame Arzneien zum Einnehmen helfen. Trotz dieser vielen Therapien gibt es vereinzelt Menschen, die dauerhaft mit Juckreiz leben müssen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, ihren Alltag etwas erträglicher zu gestalten: Sie sollten Entspannungsübungen und bestimmte Verhaltensstrategien erlernen. Lesen Sie im Folgenden Tipps, gegen häufige Ursachen von Juckreiz:
Neurodermitis bändigen
Betroffene kratzen sich meist, bis die Haut blutet, denn erst Schmerz lindert ihre Pein. Weil sich unter den Fingernägeln Bakterien tummeln, infizieren sich nicht selten die Wunden. Die Folge: erneuter Juckreiz. Die typischen roten, schuppenden und nässenden Ekzeme finden sich häufig in den Ellenbeugen und Kniekehlen. Neurodermitis ist nicht heilbar, lässt sich aber behandeln. Die Basis dafür ist die richtige Hautpflege mit Ölbädern und rückfettenden Cremes. Das Abheilen lässt sich mit UV-Bestrahlungen unterstützen. Zudem können entzündungshemmende Mittel zum Auftragen helfen. Manche der Präparate enthalten Kortison. Sie sollten nicht abrupt abgesetzt werden. Patienten, die schwer erkranken, sollten Medikamente einnehmen, die das fehlgesteuerte Immunsystem drosseln. Manchmal scheinen auch spezielle Verfahren aus der Naturheilkunde zu helfen. Baumwollhandschuhe halten Kinder davon ab, sich im Schlaf die Haut aufzukratzen. Entspannungstechniken wie autogenes Training sowie verhaltenstherapeutische Ansätze werden Erwachsenen empfohlen. Um Schübe zu verhindern, gilt es, bestimmte Auslöser wie Stress in den Griff zu bekommen.
Nesselsucht lindern
Als brennend und stechend beschreiben Patienten den Juckreiz bei Nesselsucht. Sie kratzen sich nicht, sondern reiben und kneten ihre Haut. Die Attacken treten vor allem abends und nachts auf. Allergien und Überempfindlichkeiten gelten als Ursachen. Oft bleibt der Auslöser jedoch unklar. Auf der Haut zeigen sich juckende Quaddeln, die durch Botenstoffe fehlgesteuerter Abwehrzellen hervorgerufen werden. Therapeutisch bewährt hat sich die Einnahme von Antihistaminika und Mitteln, welche die Aktivität des Immunsystems drosseln. Manchmal scheinen auch naturheilkundliche Verfahren zu helfen.
Trockene Haut schützen
Juckreiz bei älteren Menschen ist häufig auf trockene Haut zurückzuführen. Etwa ab dem 50. Lebensjahr nimmt die Zahl der aktiven Talg- und Schweißdrüsen der Haut ab. Weniger Talg und Schweiß bedeuten: Die Haut ist weniger geschmeidig. Daher führen Umwelt- und Witterungseinflüsse, aber auch zu häufiges und heißes Waschen und Baden im Alter eher zu trockener Haut und Juckreiz. Betroffene sollten sich daher nicht zu häufig waschen, besser duschen statt baden und statt heißem lauwarmes Wasser verwenden. Es empfiehlt sich, auf Schaumbäder und alkalische Hautpflegemittel zu verzichten. Vielmehr sollten Menschen mit trockener Haut beim Waschen rückfettende Seifen oder Reinigungsprodukte verwenden und die Haut mit fetthaltigen Cremes oder Lotionen einreiben – auch mehrmals täglich. Helfen können darüber hinaus juckreizlindernde Cremes mit Gerbstoffen oder Harnstoff (Urea). Diese Wirkstoffe beruhigen Hautreizungen, dämmen Entzündungen ein und drosseln so den unangenehmen Juckreiz. Auch Mittel mit pflanzlichen Wirkstoffen wie Menthol oder Kampfer lindern die Beschwerden. Um einer Austrocknung entgegenzuwirken, ist es ratsam, ausreichend Wasser und nur wenig Alkohol zu trinken.
Läuse loswerden
Oft sind Läuse der Grund, wenn es Kinder am Kopf juckt. Mit normalen Shampoos ist den Plagegeistern nicht beizukommen. Spezielle Anti-Läusemittel sind nötig – nach neun bis zehn Tagen werden sie ein zweites Mal aufgetragen. Denn wurden zu Beginn nicht alle Eier abgetötet, schlüpfen später noch einige Larven. Das Auskämmen der nassen Haare mit einem Läusekamm hilft zusätzlich. Das Robert-Koch-Institut rät außerdem, Kämme, Haarbürsten, -spangen und -gummis in heißer Seifenlösung zu reinigen. Schlafanzüge, Bett- und Leibwäsche sowie Handtücher sollten gewaschen, Schals, Kopfbedeckungen und andere betroffene Gegenstände drei Tage in luftdichte Plastiktüten gepackt werden. Längeres Einlagern – im Gefrierfach oder in Tüten – gilt als überholt. Wichtig: Eltern müssen die Kindertagesstätte oder Schule über den Läusebefall der Kinder informieren.
Quelle: Wort&Bild Verlag; HausArzt-PatientenMagazin
Foto: W&B/Markus Dlouhy