Pflanzliche Arzneien: Auf Qualität achten

„Ich schwöre auf pflanzliche Arzneimittel. Sind Angebote aus der Drogerie oder vom Discounter empfehlenswert?“, fragt Verena F. (53)

Adler

Hausarzt Dr. Martin Adler, Siegen-Geisweid
Der Experte lehrt Naturheilkunde an der Universität Münster und leitet ein Forschungsinstitut für Naturheilverfahren. Als Mitglied der „Kommission E“ berät er das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bei der Zulassung von Heilpflanzen.

Es antwortet Dr. Martin Adler, Hausarzt aus Siegen-Geisweid:

Wenn Sie sich von einem pflanzlichen Mittel eine nachweisliche Wirkung bei einer Erkrankung erwarten, sollten Sie es unbedingt in der Apotheke kaufen. Der Grund dafür: Ist ein Medikament apothekenpflichtig, muss es den hohen Sicherheitsanforderungen der „Arzneibuchqualität“ genügen, und seine Wirksamkeit muss belegt sein.

Für Wohlbefinden, nicht gegen Krankheit

In der „Gesundheitsecke“ des Supermarkts oder in der Drogerie sind die Vorgaben anders. Neben einigen frei handelbaren Arzneimitteln finden Sie hier zahlreiche Produkte, die – wie viele Kräutertees – zu den Lebensmitteln oder den Nahrungsergänzungsmitteln zählen. Sie eignen sich vielleicht dazu, das Wohlbefinden zu unterstützen. Ob sie jedoch bei einer Erkrankung helfen, ist hier kein Kriterium für die Verkaufserlaubnis. Ein pharmazeutischer Laie kennt sich mit solchen Details aber selten aus und meint automatisch, ein wirksames Präparat in Händen zu halten. Auch die vorgeschriebenen Packungsangaben helfen ihm kaum weiter. Beispiel Johanniskraut: Zusammen mit anderen Naturheilkunde-Experten habe ich den Wirkstoffgehalt eines gängigen Apotheken-Präparats dieser Produktgruppe mit einem aus dem Discounter verglichen. Das Ergebnis: Man müsste große Mengen der Kapseln aus dem Supermarkt schlucken, um eine Depression zu behandeln. Denn der Wirkstoffgehalt war gering, wenn auch gesetzlich zulässig.

Strenge Kontrolle in der Apotheke

Je nach Produktgruppe müssen in der Drogerie oder im Supermarkt auch nicht alle Inhaltsstoffe deklariert sein. Ein Kunde kauft zum Beispiel eine Salbe, die entzündungshemmende Hamamelis enthält, aber auch Vitamine und ein bisschen Aloe vera. In diesem Fall besteht ein geringes Risiko, dass die Aloe entzündete Haut allergisch reizt, was der Käufer aber nicht erfährt. Ein Apotheker muss über alle Stoffe Auskunft geben können. Er kann Patienten beraten und beurteilen, welche Salbenzusammensetzung überhaupt sinnvoll ist, um ein Hautleiden zu behandeln. Im freien Handel ist für Patienten zudem nicht erkenntlich, wie Arzneimittel und andere Produkte mit Heilpflanzenbestandteilen kontrolliert werden. Wer sichergehen möchte, dass die höchsten Qualitätsstandards zugrunde liegen, wählt daher apothekenpflichtige pflanzliche Arzneien. So muss zum Beispiel die Apotheke jede Charge einer Heilpflanze auf ihre Reinheit, ihren Wirkstoffgehalt und Schadstoffrückstände prüfen. Die Kräuter werden durchgehend korrekt gelagert und nach einer gewissen Zeit weggeworfen, weil sich bestimmte, für die Wirkung wichtige Inhaltsstoffe langsam zersetzen oder verflüchtigen.

Quelle: Wort&Bild Verlag; HausArzt-PatientenMagazin
Foto: W&B/Markus J. Feger